Die Journalistin Nevra Tuna steckt in einer tiefen privaten und beruflichen Krise. Um ihre Karriere zu retten, möchte sie ein Interview mit der inhaftierten kurdischen Politikerin Zelha Bora führen. Es gibt aber noch einen weiteren Grund, warum sie zu ihr möchte: Nevra vermutet, dass es sich bei ihr um die beste Freundin aus Kindertagen handelt. Nevra schafft es, sich ins Gefängnis einschleusen zu lassen und die Kurdin zu treffen. Das Gespräch der beiden Frauen wird erst einmal zum Schlagabtausch, da jede vehement ihre Position als Türkin. bzw. Kurdin vertritt. Das Interview droht zu scheitern, bis sich Nevra endlich zu erkennen gibt.
Die Frauen frischen ihre Kindheitserinnerungen auf und erzählen sich gegenseitig ihre Lebenswege. Dabei kommen auch ungelöste Fragen zur Sprache, die nun, nach Jahrzehnten, endlich geklärt werden: Warum war Nevras Vater, der türkische Landrat, bei der Familie Zelhas so angesehen? Weshalb stieg er in seiner Laufbahn als Verwaltungsbeamter nicht weiter auf? Welchen Konflikt trugen Nevras Eltern aus, der schließlich sogar zur Scheidung führte? Und was hat das ganze mit Cengiz zu tun, dem damals jungen Verwandten Zelhas, der sich den Partisanen anschloss? Dabei werden auch durchaus allgemeine Probleme angesprochen: Staatliche Gewalt, Folter und katastrophale Haftbedingungen, ungenügende Bildungschancen für Kurden, mangelnde Rechte für Frauen, unmenschliche Traditionen wie Blutrache und Ehrenmord. Die beiden Frauen gewinnen Verständnis für die Situation und Haltung der anderen. Sie wollen sich dafür einsetzen, dass der Konflikt zwischen Kurden und Türken in einer gangbaren Lösung für beide Gruppen endet.
Ayşe Kulin, geboren 1941 in Istanbul als Tochter von Muhittin Kulin, einem Bosnier, der das Wasserministerium aufbaute, und Sitare Hanım, einer Tscherkessin und Enkelin des ersten osmanischen Wirtschaftsministers. Kulin wuchs in Ankara auf, verbrachte die Sommermonate aber bei der Familie ihrer Mutter in Istanbul, die noch dem traditionellen osmanischen Kodex verpflichtet war – beide Welten beeinflussten gleichermaßen ihr Schreiben. In Ankara ging Kulin zur Schule, besuchte das Gymnasium in Istanbul und studierte am American College für Girls Literaturwissenschaften. Während des ersten Militärputsches am 27. Mai 1960 war sie eine aktive Sozialdemokratin. In den Achtzigerjahren arbeitete Kulin als Redakteurin und Reporterin für diverse türkische Zeitungen und Zeitschriften, als Produzentin für Fernsehen, Werbespots und Kinofilme. Für ihre Erzählung "Fotografien von Sabah" ("Foto Sabah Resimleri") erhielt sie 1996 den Sait-Faik-Preis für Kurzgeschichten. Einige Mal wurde sie als "Autorin des Jahres" ausgezeichnet, viele ihrer Erzählungen und Romane wurden verfilmt und in zahlreiche Sprachen übersetzt. Seit 2007 ist sie ehrenamtliche UNICEF-Botschafterin.
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