14.12.2010

Die Ağabey-Ablas zu Besuch bei "Die Nibelungen" im Staatstheater Stuttgart

Ein Bericht unserer Abla Yonca zum Besuch der Theateraufführung "Die Nibelungen" am 18. und 19. November 2010 im Staatstheater Stuttgart:

Im Publikum sitzend, warteten wir gespannt auf den Beginn des Stückes und fragten uns, wie so eine Neuinszenierung der Nibelungen aussehen könnte, vor allem nachdem wir im Internet einige Kritiken gelesen hatten. Das Bühnenbild rollte auf die Bühne: Zu sehen war ein Hof ausgestattet mit Sitzmöbeln und einem Fernseher, einem Essbereich mit Esstisch. Darüber hing ein sehr pompöser Kronenleuchter. Ich war total begeistert. Es leuchtete alles so schön. Die Brüder, Gunther, Gernot und Giselher, die über das Burgunderland herrschen, sitzen wortwörtlich vor der Glotze. So stelle ich mir eine moderne Inszenierung vor. Die altbekannte Sage beginnt mit Siegfrieds glorreichem Sieg über den Drachen, der den Nibelungenhort bewacht. Nachdem Siegfried den Drachen erlegt hat, badet er in dessen Blut, welches ihn zu einem unbesiegbaren Wesen machen soll. Seinen ganzen Körper bedeckt er mit diesem Blut, bis auf eine Stelle. Die einzige Stelle auf die das einsame Lindenblatt fällt und ihn verwundbar macht befindet sich ganz genau zwischen den Schulterblättern. Sein Ruhm ist im ganzen Land verbreitet und genauso die Schönheit von Kriemhild, die Schwester der Brüder im Burgunderland. Diese wird von vielen Männern besucht, jedoch interessiert sie sich für keinen. Als Sigfried das hört macht er sich auf den Weg zu ihr. Am Burgunder Hof angekommen, tritt er durch die Tür ein wie in einer kitschigen Zeitlupenszenen, um ihn sprüht es vor Blütenblätter ähnlichem Konfetti und ein Lichtstrahl erhellt seinen Glanz, wie gesagt kaum angekommen zieht er mit den Burgundern in den Krieg gegen die Sachsen und Dänen und entscheidet den Krieg zugunsten der Burgunder. Als er wieder an den Hof zurückkehrt, lernt er die schöne Kriemhild endlich kennen und beide verlieben sich. So hält er um ihre Hand an. Jedoch will ihr Bruder, König Gunther um die ungezähmte Brunhild, Königin Islands werben. Diese dominante Dame schließt nur mit demjenigen den Bund der Ehe, der es schafft sie im Streit zu besiegen. Somit begleitet Siegfried Gunther auf diesem Weg und streitet mit ihm unter seiner Tarnkappe (die ihn unsichtbar macht). Schließlich kehren beide mit Brunhild an den Hof zurück und es gibt eine Doppelhochzeit. Jedoch verweigert Brunhild ihrem Gatten den Beischlaf. Erneut bittet Gunther Siegfried um einen Gefallen. Siegfried soll an seiner Stelle Brunhilds Widerstand im Dunkeln brechen. Danach ist Brunhild auch ihrem Gatten gehorsam. Kriemhild und Siegfried kehren nach Xanten zurück; dort bekommt sie einen Sohn. Brunhild bringt ihren Sohn am Hof Worms zur Welt. Nach 10 Jahren werden Siegfried und Kriemhild zum Hof nach Worms eingeladen. In einem Streit zwischen Kriemhild und Brunhild darüber, welcher Gatte ehrenhafter sei, verrät Brunhild, dass Sigfried zweimal über sie siegte. Einmal im Zweikampf in Island das andere Mal im Bett. Brunhild ist gedemütigt und kann nur durch Siegfrieds Blut rein gewaschen werden. Hagen, Gunthers rechte Hand, bietet sich freiwillig als Brunhilds Rächer an und überzeugt die restlichen am Hofe davon, dass Siegfrieds Tod notwendig ist. Sie täuschen einen Krieg vor. Kriemhild, welche Angst um das Leben ihres Gatten hat, bittet Hagen, der ihr sehr nahe steht, darum Sigfried zu beschützen und ganz besonders auf die eine angreifbare Stelle Acht zugeben. In dieser Naivität verrät sie ihm die einzige Stelle an der ihr Gatte verwundbar ist. Mit diesem Hinterhalt nimmt Hagen Sigfried das Leben.

Das war der erste Teil
und plötzlich tritt der Regisseur auf die Bühne. An dieser Stelle gab es einen Bruch und der Regisseur zeigte alte schwarz/weiß Musikvideos aus der Kriegszeit, die von Stolz und Ehre protzten. Plötzlich kamen geschockte und auch genervte Bemerkungen aus dem Publikum insbesondere von den älteren Anwesenden, bis diese dann schließlich aufstanden und den Vorführraum verließen. War das Teil der Inszenierung oder wirklich nur ein Zufall? Als wir den Regisseur in der Pause antrafen, hielten wir ihn fest und stellten ihm Fragen die uns beschäftigten. Er beantwortete sie sehr freundlich und geduldig und war selbst überrascht über die Reaktion dieser Zuschauer. Schließlich ließen wir ihn gehen, damit er vor Beginn des letzten Teils noch eine Zigarette rauchen konnte.

Im Gegenteil zu dem ersten Bühnenbild wurde das des letzten Teils sehr puristisch gehalten. Es handelte sich um Kriemhilds Rache. Sie heiratet Etzel, den König der Hunnen, um noch mächtiger zu werden und sich an den Mördern ihres verstorbenen Gatten zu rächen. Kriemhild lädt unter dem Vorwand sie habe ihr Brüder vermisst, diese ins Hunnenland ein. Aus der einst liebevollen Kriemhild ist nur eine kaltherzige Königin geworden. So begrüßt sie auch ihre Brüder. Sie fordert die Auslieferung von Hagen, weil sie sich nun an ihm rächen möchte, und will sogar ihren Brüdern verzeihen, doch diese verraten Hagen nicht. Wer das Ende der Nibelungen kennt, weiß wie es ausgeht. Und wer es nicht weiß, der soll sich die Inszenierung anschauen und sich von dem charmant witzigen Sigfried bezaubern lassen. Mein Herz hat er bereits mit seiner verrückten Art und Weise erobert.

Ich persönlich war sehr positiv beindruckt von dieser Neuinszenierung, sie eröffnet dem Zuschauer ganz andere Blickwinkel. Wer sich gerne von der alten Sage loslösen möchte, sollte sich diese Version angucken.


Yonca Yelke


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